Wer kennt es nicht, Dinge, die man länger vor sich herschiebt und irgendwann dann doch mal machen muss: die Steuererklärung abgeben, den braunen Zahn rechts hinten vom Zahnarzt anschauen lassen, nach fünf Tagen doch mal die Unterhose wechseln und im Falle der Draufhauers – endlich mal den ersten Saisonsieg einfahren. Dafür ist ein Heimspieltag doch wie gemalt. Also auf geht’s in die heimische Halle, auf nach Lingenfeld! Ach so ne, Waldsee, da war das. Nachdem wir die letzten drei Spiele/Spieltage allesamt in Lingenfeld ausgetragen hatten kann man schon mal durcheinanderkommen. Also auf geht’s zur Rheinauenhalle zum Reinhauenknalle (oh Gott, wie schlecht, wenn der alte Herr Rheinauen das noch miterleben müsste).
Text von Mike
Auf dem Programm stand ein Spieltag mit insgesamt drei Partien, und es waren nicht irgendwelche Teams, die da zusammenkamen. Nein, es war ein Spieltag, wie ein Gipfeltreffen – zumindest wenn man die Tabelle auf den Kopf stellt, denn tabellarisch wurden Eure Lieblings-Draufhauers umarmt vom bisherigen Tabellenletzten Landau und dem drittletzten Rülzheim. Höchste Zeit sich aus dieser Umklammerung der Erfolglosigkeit zu befreien. Die Voraussetzungen dafür waren quasi perfekt: Freitag den 13. hatte ein jeder gut überlebt, es herrschte praktisch Flutlichtatmosphäre wie im Weserstadion zu besten Zeiten und der Treffpunkt für das Team war diesmal nicht der Friedhof. Es konnte also nur gut laufen. Und das tat es auch (ja, ist jetzt gespoilert, aber bitte trotzdem weiterlesen und nachher abonnieren, liken und vor allem alles kaufen was angeboten wird).
Im ersten Spiel traten an Ungeheuer Reloaded HSV Landau gegen Evergreens Rülzheim. Letztere gingen ersatzgeschwächt in den Spieltag und mussten sich trotz großen Kampfes und Leidenschaft 3:1 gegen Landau geschlagen geben. Landau war also soeben in der Livetabelle zu den Draufhauers aufgeschlossen. Na, also das will doch hier wirklich keiner, Zeit zum Punktesammeln.
Die Taktik für das Spiel gegen die Evergreens war klar: Heimvorteil nutzen, sofort konzentriert sein, Kaltstart vermeiden. Ja, und schon steht es 0:3 für Rülzheim. Wie war das mit der Vermeidung des Kaltstarts? Gestärkt durch die tatkräftige Unterstützung von der Bank und des teils frenetischen Publikums gelang den Draufhauers der direkte Konter und der erste Satz lief plötzlich hervorragend.
Und als im zweiten Satz Enrico den Ball im Rückwärtslaufen noch mit dem Fuss über das Netz bekommen hatte, was nach weiteren Ballberührungen im Punktgewinn für die Draufhauers gipfelte, war klar: This is our house! Hier geht heute nicht nur etwas, hier geht viel. Der Satzball zum Gewinn des zweiten Satzes verwandelte die Arena in einen Hexenkessel (also im Rahmen von dem, wie es sonst so bei uns zugeht) und für den dritten Satz ging es in unveränderter Besetzung weiter. Never change a winning team, also vor allem nicht, wenn sie überhaupt mal anfangen irgendwas zu gewinnen. Es war mit Abstand die beste und konzentrierteste Leistung der Draufhauers in dieser Saison, welche absolut zurecht und verdient mit einem 3:0 Sieg und einer ungewohnt wohlwollenden Punktedifferenz belohnt wurde.
Beschwingte Stimmung im Lager der Draufhauers, aber nun stand das Match gegen Ungeheuer Reloaded an. Hier galt es den Heimvorteil vollends auszuspielen und gleich noch einen Triumph nachzulegen. Und es ging gut los. Der erste Satz ging in die Taschen der Draufhauers, obwohl sich bereits jetzt ein paar mehr Wackler, als im ersten Spiel zeigten. Diese Wackler, gepaart mit einem Abfallen des Fokus und der Spritzigkeit, hatten den Verlust des zweiten Satzes zur Folge, der am Ende zwar knapper verloren wurde, als der Vorsprung des Gegners das zwischendurch suggeriert hatte, aber die Draufhauers fanden sich plötzlich bei einem 1:1 in Sätzen wieder. Tja, und nun? Muffensausen, Angstzustände, Panikattacken, sofortiger Durchfall???? Neieieieiein, natürlich nicht, nicht bei den Draufhauers 2023! Es wurde in der Pause nochmals an die geistige Frische appelliert („Luft ins Hirn“) und an die paar Prozentpunkte fehlende Dynamik. Das funktionierte und mit einem gut aufgelegten Frank, der am Netz ein ums andere Mal das ungeheuerste Ungeheuer durch Schmetterschläge und vor allem Blocks entzaubertem konnten die Draufhauers den Satz zur 2:1 Führung erobern. Jetzt ging es darum möglicherweise aufkommende Selbstzufriedenheit hintenanzustellen: wir wollten heute ALLES! Ein Unentschieden kam nicht in Frage. Nicht zuletzt getragen von den Fans und vor allem dem siebten Mann (darf man das eigentlich heutzutage noch so sagen? Na gut, dann vom siebten Individuum, welches neue und zahlreiche Anfeuerungsrufe und -gesänge präsentierte (textliche Kostprobe: „Drauf-hau-ers“. Wie kamen die nur auf solch geniale Zeilen?) gelang es den Draufhauers tatsächlich das Spiel mit 3:1 nach Hause zu fahren. Bäm! Zwei Spiele, vier Punkte, ungeschlagen im Jahr 2023. Nachdem die Halle und die Versorgungsstation aufgeräumt waren saßen die Draufhauers noch gemütlich bei Pizzen zusammen im Foyer der Halle und selbst gestandene Draufhauers konnten sich an keinen Spieltag erinnern, der mit zwei Siegen für uns zu Ende gegangen war. Also entweder sind die Draufhauers alle doof und vergesslich, oder es gab es so tatsächlich noch nie. Uli Hoeneß wusste bereits: „the trend is your friend“, also Achtung liebe Liga: der Draufhauers-Mähdrescher ist gestartet, wir rollen das Feld von hinten auf (hoffentlich hat keiner Wackersteine auf den Acker gelegt).
Erkenntnis des Tages:
Beim Jubeln verliert man nicht nur seine Stimme, man kann sich unter Umständen auch die Hände blutig klatschen.